Lässt sich die Neu-Bildung von beschädigtem Knorpelgewebe im Körper anregen und wenn ja, wie? Dieser Frage widmet sich das von der Werner-Siemens Stiftung geförderte Projekt TriggerINK. Im Folgenden erklären wir detailliert, wie die Arbeit im Projekt aussieht und welche Herausforderungen es zu bewältigen gilt.

Im Labor © WSS, Foto: Hannes Woidich, Fotografie, Dortmund

Hydrogele als Matrix für Zellen

Für die Nachbildung von Knorpelgewebe brauchen die Zellen ein stützendes Gerüst, welches für das Projekt TriggerINK auf einem Hydrogel basiert. Dabei möchten wir mit dem von uns entwickelten Gel einen neuen Weg gehen: Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an einer innovativen Zusammensetzung, die sich durch die Bestrahlung mit Licht bestimmter Wellenlänge vernetzt und so ein 3D-gedrucktes Stützgerüst ausbildet. Dieses Hydrogel wird dann mit drei Komponenten kombiniert, welche unabhängig auf unterschiedliche Weisen das Zellwachstum unterstützten.

Magnetische Mikropartikel als physikalischer Stimulus für kontrolliertes Wachstum von Knorpelzellen

Die natürlichen Strukturen des Knorpels haben je nach ihrer Position im Gewebe unterschiedliche Ausrichtungen und damit Funktionen. Sie ermöglichen entweder das reibungsfreie Gleiten an der Oberfläche oder haben dämpfende Eigenschaften im Knorpelinneren. Ziel im TriggerINK-Projekt ist es, diese verschiedenen Strukturen nachzubilden. Dafür bedient sich das Team einer am DWI entwickelten Methode: die Ausrichtung mikroskopisch kleiner, stäbchenförmiger Elemente in den stützenden gelartigen Gerüstmaterialien mithilfe eines magnetischen Feldes.

Die in den Mikrostäbchen enthaltenen magnetischen Nanopartikel reagieren sobald ein magnetisches Feld angelegt wird. Das heißt: Durch die Verwendung eines Magneten während der Polymerisation des Gelgerüsts drehen sich die Stabelemente und orientieren sich parallel zur Richtung des Magnetfelds. So lassen sich die verschiedenen strukturellen Ausrichtungen im natürlichen Knorpel nachahmen. Im Projekt TriggerINK untersuchen wir auf der einen Seite verschiedene Herstellungsmethoden für die magnetischen Stäbchen sowie deren Auswirkung auf das Wachstum von Chondrozyten als auch den Regenerationsprozess des Knorpelgewebes.

Hochaufgelöste Mikroskopieaufnahme von Mikrogelstäbchen © WSS, Foto: Hannes Woidich, Fotografie, Dortmund

Ultraschall-responsive Mikropartikel © WSS, Foto: Hannes Woidich, Fotografie, Dortmund

Ultraschall-responsive Mikropartikel zur Freisetzung von chemischen, biologisch-aktiven Wirkstoffen

Ein weiterer Teil des Baukastens von TriggerINK ist die Entwicklung eines auf Ultraschall reagierenden Systems zur gezielten Freisetzung von biologisch aktiven Wirkstoffen wie beispielsweise Wachstumsfaktoren. Dieses soll später mit in die Biotinte integriert werden, sodass zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Regenerationsphase des Knorpels die Freisetzung verschiedener Wachstumsfaktoren möglich ist. Damit soll das Zellwachstum gefördert und die Immunreaktion des Körpers unterdrückt und gezielt beeinflusst werden. Auf chemischer Ebene werden die Wachstumsfaktoren an angepasste DNA-Polyaptamere gebunden und damit inaktiviert. Diese Bindungen können durch Ultraschallstimulation gelöst und die Wachstumsfaktoren somit wieder aktiviert und freigesetzt werden. Mithilfe dieser Technik soll eine räumliche und zeitliche Steuerung des Heilungsprozesses ermöglicht werden.

Mikroskop © WSS, Foto: Hannes Woidich, Fotografie, Dortmund

Pulsierende Mikropartikel als mechanischen Fitnessförderung von Zellen (in vivo Gym)

Die in-vivo Gym-Partikel sollen nach dem Druck der Tinte in die Wunde die Heilungszeit bis zum Beginn der konventionellen Rehabilitation verkürzen. Ziel ist es, die lokale Zellregeneration im Knorpel zu aktivieren und auf mikroskopischer Ebene mit dem Training zu beginnen, bevor die Rehabilitation beginnen kann. Die Partikel können von außen mit ungefährlichem Infrarotlicht aktiviert werden, welches tief in die betroffene Region eindringen kann. Durch das Pulsieren des Lichts ziehen sich die Partikel zusammen und dehnen sich in regelmäßigen Abständen wieder auf ihre Ausgangsgröße aus. Die so entstehende mechanische Stimulation aktiviert umliegenden Zellen und beeinflusst ihre Wachstums- und Regenerationseigenschaften.

Roboter-unterstützter 3D-Druck direkt in der Wunde

Letztendlich müssen die in TriggerINK entwickelten Komponenten, in die Kniewunde eingebracht werden. Um die Tinte verwenden zu können, soll ein Roboter die Wunde zunächst erkennen und ein digitales Modell erstellen. Dies ist Ausgangspunkt, damit sich der zu behandelnde Bereich ansteuern lässt. Dazu soll ein spezialisierter 6-Achs-Roboterarm mit Tiefensensoren die Wunde scannen. Durch eine eigens entwickelte Software werden die Bewegungen der einzelnen Robotergelenke gesteuert. Je nach Anforderung für die Wundbehandlung ermöglicht eine modulare Aufnahmeplatte am Ende des Arms die Montage verschiedener Einheiten. Der Druckkopf ist eine dieser Einheiten, mit welcher die TriggerINK aufgetragen und gleichzeitig ausgehärtet werden soll.

Roboter-unterstützter 3D-Druck © WSS, Foto: Hannes Woidich, Fotografie, Dortmund