DWI forscht mit Hochschule Niederrhein an umweltverträglicher Funktionskleidung

28.05.2021

Nahezu jeder hat sie im Schrank: Funktionskleidung – ob als Shirt zum Joggen oder als Jacke zum Wandern. Spezielle Beschichtungen der Textilien sorgen für trockene Haut, indem sie Regen nicht durchdringen lassen oder Schweiß nach außen leiten. Forschungsteams der Hochschule Niederrhein und des DWI – Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien aus Aachen arbeiten nun gemeinsam an einer neuen Art umweltfreundlicher Funktionskleidung, denn die gängig verwendeten Materialien bergen unterschiedliche Probleme. Unter anderem werden für viele dieser Produkte sogenannte halbdurchlässige Membranen verwendet, die weder umweltverträglich noch recyclingfähig sind.

Der Markt für Outdoor-Kleidung hat eine enorme Größe. Allein in Europa lag im Jahr 2019 der Umsatz bei rund 2,9 Milliarden Euro. Gleichermaßen groß – und stetig steigend – ist die Nachfrage der Verbraucher nach Artikeln aus umweltfreundlichen Materialien, welche im Vergleich zu ihren herkömmlich verwendeten Pendants unter anderem ressourcenschonender und biokompatibel sind.  

Ein Forschungsteam der Hochschule Niederrhein und des DWI – Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien aus Aachen arbeitet daran, eine neue Art der Funktionskleidung zu entwickeln. Fester Bestandteil solcher Kleidung sind sogenannte Membranen. Dies sind dünne Trennschichten, die es erlauben, die Kleidung mit verschiedenen Funktionen auszustatten, beispielsweise Nässeschutz, Atmungsaktivität und eine natürliche Temperaturregulierung.

„Die Herausforderung bei solchen Membranen besteht darin, dass sie idealerweise verschiedene Funktionen gleichzeitig erfüllen. Zum einen soll zum Beispiel eine Outdoor-Jacke Regendicht sein, gleichzeitig aber Wasserdampf, der beim Schwitzen entsteht, herauslassen. Diese Materialeigenschaft nennt man Semipermeabilität. Erreichen können wir diese, indem wir sogenannte hydrophile Materialien verwenden“, erklärt Alexandra Glogowsky, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB) der Hochschule Niederrhein, das Grundprinzip. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und forscht im Arbeitskreis von Prof. Dr. Maike Rabe.  

Anhand solcher Technologien wird es möglich, dass der Träger vor Regen und Nässe geschützt bleibt, aber auch bei körperlicher Aktivität angenehm trockene Kleidung tragen kann, da diese die Feuchtigkeit nicht übermäßig aufnimmt. Membranen, die dies ermöglichen, finden Anwendung im Sport-, Outdoor- und Workwear-Segment, aber auch in Heimtextilien (etwa Matratzenschutz), Schuhen und technischen Textilien aus dem Medizinbereich. „Wir möchten nun eine Membran entwickeln, die sich bei körperlicher Betätigung speziell auf ihren Träger einstellt. Das heißt, sie soll bei erhöhter Körpertemperatur eine höhere Dampfdurchlässigkeit bei Bedarf gestatten. Wir nennen dies ‚temperaturresponsiv‘. Gleichzeitig müssen recyclingfähige und umweltfreundlichere Materialien zum Einsatz kommen“, erläutert Alexandra Glogowsky.

Die Lösung, an der die Partner arbeiten: Eine völlig neue Barrieremembran aus sogenannten thermoplastischen Elastomeren. Hier sind in die Membran Mikrogele eingebaut. Dies sind kleine Partikel, die Wasser aufnehmen und wieder abgeben können sowie biokompatibel sind. Durch Kombination eines Trägermaterials mit Mikrogelen soll eine umweltfreundliche, pflegeleichte semipermeable Barriere mit hoher Funktionalität entwickelt werden. Des Weiteren werden spezielle Verfahren zur Beschichtung von Textilien mit diesen Membranen angewandt, welche ein verbessertes Recycling der Kleidung ermöglichen und ebenfalls auf den Einsatz umweltbelastender Substanzen verzichten.

Um dieses Ziel zu erreichen, bündeln die Forscherteams ihre verschiedenen Kompetenzen aus den Bereichen Polymerchemie und Textiltechnik. „Die Mikrogele liegen in der Membran als kleine Partikel vor. Sie können aber um ein Vielfaches aufquellen und daher in großen Mengen Feuchtigkeit aufnehmen“, erklärt Thomke Belthle. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien. In der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andrij Pich forscht sie an maßgeschneiderten Mikrogelen für spezifische Anwendungen und liefert diesen Rohstoff, bereits eingebettet in ein Trägermaterial, an die Kollegen aus der Textiltechnik. „Die Mikrogele haben schwamm-ähnliche Eigenschaften – speziell bedeutet das, dass sie auch wenn man leicht schwitzt, bereits die Feuchtigkeit aufnehmen. Bei den gängig verwendeten Membranen ist dies ein Problem, sodass unsere Entwicklung das Potenzial hat, den Markt zu revolutionieren“, erläutert Thomke Belthle.

Des Weiteren forschen die Wissenschaftler*innen daran, die Mikrogel-basierten Membranen nur an bestimmten Stellen eines Kleidungsstücks aufzutragen – und zwar mittels 3D-Druck als digitale Beschichtungsmethode. „Das kann beispielsweise wichtig sein, wenn die Uniform eines Rettungssanitäters im Rücken besonders gut Schweiß abtransportieren soll, während sie an den Knien aber ganz besonders robust und wasserundurchlässig sein muss“, beschreibt Alexandra Glogowsky.

Von der Forschung profitieren sollen insbesondere Betriebe aus dem Kreis der verarbeitenden Industrie, darunter viele kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Bereich der Sport-, Funktions- und Arbeitsbekleidung sowie der Medizin-Textilien. Das Forschungsvorhaben wird von einem Projektausschuss begleitet. Hier sind verschiedene Unternehmen und Partner entlang der Produktionskette des Rohstoffs bis zur Materialverwertung vertreten. 

Das Projekt läuft über zwei Jahre und hat ein Gesamtvolumen von rund 500 Tausend Euro.

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Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung

Prof. Dr. Andrij Pich

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Andrij Pich
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Einen dazugehörigen Zeitungsartikel der Rheinischen Post finden Sie hier.