Doppelter Jubel am DWI: Zwei ERC Advanced Grants für die Aachener Leibniz-Wissenschaftler

07.04.2016
Prof. Dr. Martin Möller, Lehrstuhl für Textilchemie und Makromolekulare Chemie an der RWTH Aachen und Direktor des DWI – Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien, sowie Prof. Dr.-Ing. Matthias Wessling, Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik an der RWTH Aachen und stellvertretender DWI-Direktor, erhalten jeweils einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Während Martin Möller das Forschungsgeld nutzen wird, um Gel-basierte Motoren für einen zukünftigen Einsatz in der Biomedizin zu entwickeln, wird Matthias Wessling den Stofftransport in den Grenzschichten von Membranen erforschen und optimieren.

Mit den Advanced Grants fördert der Europäische Forschungsrat herausragende etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit jeweils bis zu 2,5 Millionen Euro und ermöglicht ihnen, wegweisende Forschungsprojekte in Europa zu bearbeiten.
Ausgeklügelte Mikro- und Nanostrukturen und funktionelle Materialien sind das Spezialgebiet von Prof. Dr. Martin Möller. Er möchte in seinem ERC-geförderten Projekt einen wichtigen Betrag zur Entwicklung Gel-basierter, lichtgetriebener Mikromotoren schaffen. Diese Gelmotoren sollen für neue, sich selbst bewegende Materialstrukturen eingesetzt werden. Damit zielt das Projekt vor allem auf biologische und medizinische Anwendungen zur biomechanischen Stimulation von Zellen und Geweben ab. Darüber hinaus bildet es eine Basis für Gel-basierte mikrofluidische Pumpen und sich selbst bewegende Schwimmer und Transporter. Die Aachener Polymerchemiker um Martin Möller setzten hier Hydrogele ein, die zu 80 bis 98 Prozent aus Wasser bestehen und die durch Aufnahme und Abgabe von Wasser ihre Form stark verändern können. Bisher kann Martin Möller zusammen mit seinem Team eine solche Formveränderung durch einen kurzen Impuls mit Infrarotlicht auslösen und so erstaunlich schnelle Bewegungen der Gelstrukturen von bis zu 2000 Mikrometern pro Sekunde erreichen. Das Ziel von Martin Möllers zukünftigen Arbeiten ist ein selbst-oszillierendes System, das auch bei konstanter Bestrahlung mit Infrarotlicht sich wiederholende Bewegungsimpulse erzeugt, die insgesamt einen Bewegungsfluss ergeben.
Matthias Wesslings Forschungsfeld ist die Membrantechnologie, ein Gebiet, für das er Aachen zu einem international führenden Zentrum entwickelt. Synthetische Membranen spielen in vielen industriellen Prozessen und in der Medizin eine wesentliche Rolle. Beispiele sind die Meerwasserentsalzung, die Reinigung von Abwasser und Abgas ebenso wie die Anwendung als künstliche Lunge oder Niere. Mit der Entwicklung neuer hochdurchlässiger und hochselektiver Membranwerkstoffe kann die Membran nur dann ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten, wenn die Transportwiederstände an der Grenzfläche von Membran und Flüssigkeit oder Gas minimiert werden. Matthias Wessling wird mit der ERC-Förderung neuartige Interaktionsmechanismen entwickeln, die derartigen Transportwiderständen entgegenwirken. Er möchte den Stofftransport insbesondere an der Membranoberfläche verbessern, dort also, wo der Flüssigkeits- oder Gasstrom auf die Membran trifft. Hierfür wird er sich intensiv mit der Oberflächengeometrie und der chemischen Oberflächenstruktur von Membranen beschäftigen und diese bis in den Mikro- und Nanometer-Bereich gestalten. Er wird darüber hinaus bei den Kanalstrukturen ansetzen, die den Flüssigkeits- oder Gasstrom an die Membran führen, und die Strömungsverhältnisse optimieren. Wessling integriert in diesem Programm Fragen der klassischen Membrantechnologie mit Methoden aus der Mikro- und Nanofluidik, mit generativer Nanofabrikation und fluidmechanischen Computersimulationen.
Nachdem zwei Nachwuchswissenschaftler des DWIs in den Jahren 2015 und 2014 jeweils einen ERC Starting Grant eingeworben haben und die Europäische Kommission Anfang 2015 auch das DWI-initiierte Marie Skłodowska-Curie Trainingsnetzwerk BIOGEL bewilligt hat, gibt es im DWI nun fünf Projekte, die als Teil von Horizon2020, dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, gefördert werden.