Auf dem Weg zu biobasierten Brennstoffzellen

21.07.2020

Publikation in ScienceAdvances

Laut Jahresbericht des Deutschen Herzschrittmacher- und Defibrillator-Registers fanden allein im Jahr 2017 rund 106.000 Herzschrittmacher-Operationen in Deutschland statt. Nur etwa 77.000 davon dienten der tatsächlichen Implantation, etwas mehr als 28.000 Eingriffe dem Aggregat- und Systemwechsel oder einer Explantation.

Schuld an vielen dieser zusätzlichen Operationen ist die Batterie bzw. ihre Lebensdauer von nur durchschnittlich fünf bis zehn Jahren. Das gilt nicht nur für Herzschrittmacher und Defibrillatoren, sondern für nahezu alle Implantate.

Gerade für ältere Patientinnen und Patienten ist jeder invasive Eingriff mit großen gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Deshalb ist die Wissenschaft seit langem auf der Suche nach einer Alternative zum Batteriebetrieb. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von Brennstoffzellen, die zeitlebens nicht erneuert werden müssen, die jedoch bislang nur aus synthetischen Materialien hergestellt werden konnten.

Einem deutsch-niederländischen Forscherteam ist es gelungen, entscheidende Grundlagen zur Entwicklung einer Brennstoffzelle zu schaffen, die aufgrund ihrer biobasierten Herstellung zu möglichst wenig Nebenwirkungen und besserer Verträglichkeit bei Implantaten führt.

Die Wissenschaftler haben es geschafft, das Herzstück einer solchen Brennstoffzelle aus Proteinen herzustellen - eine Membran, die durch ihre gute Leitfähigkeit von Protonen elektrochemische Prozesse an beiden Elektroden möglich macht.

Bei der Herstellung dieser Membran nutzten die Forscher biotechnologische Prozesse, die gewöhnlich für die Optimierung von Enzymen in Waschmitteln oder zur Produktion von pharmazeutischen Proteinen genutzt werden. Dabei wurde über mehrere Entwicklungszyklen eine Proteinkette erzeugt, welche eine große Anzahl von negativ geladenen Aminosäuren enthält, die mit Sequenzen aus Spinnenseide kombiniert wurden.  Die Proteinketten falten sich so, dass die Säuregruppen der Aminosäuren für den Transport der Protonen und der Spinnenseidenanteil für die mechanischen Eigenschaften verantwortlich sind. Durch dieses Design werden Protonenleitfähigkeiten erzielt, die um eine Größenordnung höher sind als in allen bisher bekannten Biomaterialien. Damit wurden die Grundlagen gelegt, um in Zukunft bessere Implantate herzustellen, die die Kommunikation zwischen elektronischen Bauelementen und dem menschlichen Körper ermöglichen.  

Die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Andreas Herrmann (DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien) und Giuseppe Portale, PhD (University of Groningen) sind in der Ausgabe von ScienceAdvances zu lesen, die am 17. Juli 2020 erschienen ist.

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